Die verschiedenen Verträge vor der notariellen Beurkundung (Escritura)
Sie denken darüber nach, eine Immobilie in Spanien zu kaufen oder zu verkaufen? Sie möchten die verschiedenen Vertragsmöglichkeiten in Erfahrung bringen?
In diesem Artikel geben wir Ihnen einen Einblick in die möglichen Vertragsfiguren, deren Funktionsweise und Auswirkungen vor der notariellen Beurkundung.
In Spanien gibt es verschiedene vertragliche Schritte vor dem Kauf/Verkauf einer Immobilie.
- Der notarielle Kaufvertrag
Eigentlich braucht man nur den notariellen Kaufvertrag von Verkäufer und Käufer vor einem Notar beurkunden zu lassen. Dies ist der einzige gesetzlich vorgeschriebene Vertrag, der notwendig ist, um ins Grundbuch eingeschrieben zu werden.
An dieser Stelle sei gesagt, dass man in Spanien auch außerhalb des Grundbuches Immobilien rechtskräftig erwerben und veräußern kann. Hierzu muss der unmittelbare Besitz durch Übergabe der Schlüssel erfolgen und im gleichen Zuge muss der Kaufpreis entrichtet werden. In diesen Fällen hat man natürlich keine Sicherheit, dass der Verkäufer die Immobilie nicht ein weiteres Mal veräußert.
Wichtig ist noch zu wissen, dass im Gegensatz zu Deutschland das Eigentum bereits im Moment der notariellen Beurkundung übergeht und nicht erst mit Eintragung im Grundbuch. Aus diesem Grunde muss auch am Tage der notariellen Beurkundung bezahlt werden. Die Eintragung im Grundbuch ist in Deutschland konstitutiv und in Spanien lediglich deklaratorisch.
- Der private Kaufvertrag bzw. der Optionsvertrag
Zeitlich vor der notariellen Beurkundung wird üblicherweise ein Vertrag außerhalb des Notariats abgeschlossen (deswegen wird er weitgehend privater Kaufvertrag genannt). Dieser Vertrag enthält die Verpflichtung zu einem bestimmten Zeitpunkt bei einem festgelegten Notar, die notarielle Beurkundung vorzunehmen. Zwischen diesem privaten Kaufvertrag bzw. Optionsvertrag und der notariellen Beurkundung liegen normalerweise 4-6 Wochen. Bei Unterzeichnung des privaten Kaufvertrages hat der Käufer 10% des Kaufpreises anzubezahlen. Dieser Betrag wird nicht zurückerstattet, wenn der Käufer am Tage der Beurkundung nicht kauft (z.B. weil er die gewünschte Hypothek nicht bekommen hat). Wenn der Verkäufer nicht zur Beurkundung erscheint, muss er die 10% zurückbezahlen und zusätzlich als Strafe einen weiteren Betrag von 10% an den Käufer erstatten.
Der Unterschied zwischen einem privaten Kaufvertrag und einem Optionsvertrag ist lediglich der, dass wenn der Käufer nach Abschluss eines privaten Kaufvertrages nicht zur notariellen Beurkundung erscheint, eine Nachfrist durch den Notar gesetzt werden muss. Der Käufer hat also eine zweite Chance den Kaufpreis binnen gesetzter Frist zu entrichten und somit dem Verlust der 10% zu entkommen.
Beim Optionsvertrag erwirbt der Käufer eine Option für 10% des Kaufpreises. Die Option kann gezogen werden bis zu dem im Optionsvertrag festgesetzten Notartermin. Dann verfällt die Option automatisch. Das heisst der einzige Unterschied zum privaten Kaufvertrag ist, dass keine Nachfrist gesetzt werden muss.
Für den Mandanten ist dieser kleine Unterschied relativ unwichtig.
- Der Reservierungsvertrag
Der Reservierungsvertrag ist zeitlich gesehen der erste Vertrag, den der Immobilienkäufer / Kaufinteressent vom Makler vorgelegt bekommt. Diese Verträge sind aus Sicht der Anwälte manchmal schwierig einzuordnen, da nicht ganz klar ist, mit wem sie abgeschlossen werden (mit dem Makler, dem Verkäufer oder gar mit beiden) und tragen oft zur Verwirrung des Kaufinteressenten bei.
Der Reservierungsvertrag ist nicht gesetzlich geregelt.
Der Sinn dieser Vereinbarungen ist, dass auf den Reservierungsvertrag eine relativ geringe Reservierungsgebühr, gemessen am Kaufpreis (der usus hier an der Costa del Sol sind 6.000,00 € oder 1% des Kaufpreises), bezahlt wird. Dieser Betrag wird an den Makler bezahlt, damit er die Immobilie für die ausgemachte Reservierungszeit nicht weiter am Markt anbietet.
Rechtstechnisch gesehen ist dieser Vertrag ein Vertrag, der mit dem Verkäufer durch seinen Vertreter, den Makler, abgeschlossen wird. Sie sollten sich die Vollmacht nachweisen lassen. Die Kommission schuldet der Verkäufer. Deswegen hat der Makler zusätzlich auch einen Kommissionsvertrag mit dem Verkäufer abgeschlossen. In Spanien wird die Kommission in der Regel vom Verkäufer in voller Höhe getragen. Wenn der Käufer sich zum Kauf entscheidet, ist die Reservierungsgebühr ein Teil des Kaufpreises und diese Reservierungsgebühr wird von den 10%, die auf den privaten Kaufvertrag/Optionsvertrag zu bezahlen sind abgezogen.
Problematisch wird es in vielen Fällen, wenn der sogenannte Reservierungsvertrag auch Verpflichtungen für den Käufer enthält, die er im ersten Moment so nicht erwartet hat. In vielen Fällen befindet sich im Reservierungsvertrag bereits ein festes Datum zum Abschluss des zweiten Vertrages (privater Kaufvertrag/Optionsvertrag) und in einigen Fällen auch die Verpflichtung an einem bereits festgelegten Tag, die notarielle Beurkundung durchzuführen.
Aus Anwaltssicht halten wir nicht viel von diesen Verträgen, da sie für den Kaufinteressenten überraschend sind und eventuell nach der Prüfung durch die Anwälte vom Kauf insgesamt Abstand genommen werden sollte.
- Probleme dieser 3 zeitlich gestaffelten Verträge
Nun komme ich zu dem Thema, welches bei Erstkäufern in Spanien immer wieder Verständnisprobleme mit sich bringt.
Die Reservierungsgebühr soll also auf das Konto des Maklers bezahlt werden. Aus Sicht des Maklers ist dies verständlich, da er damit bereits einen Teil des Kaufpreises auf seinem Konto hat und somit eine Sicherheit für den Fall, dass der Verkäufer ihm die Kommission nach der Beurkundung nicht bezahlt. Genau an dieser Stelle werden wir in vielen Fällen vom Kaufinteressenten gefragt, welche Sicherheit es denn gibt, dass der Makler das Geld zurückerstattet. Das kommt auf den Vertragsinhalt des Reservierungsvertrages an. Deswegen sollte dieser erste Vertrag, der normalerweise beim Erstkontakt des Käufers mit dem Makler unterzeichnet wird, zuvor dem Anwalt zur Prüfung zugeleitet werden. Der Reservierungsvertrag ist also ein Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer. Sollten sich in diesem Vertrag Regelungen zugunsten des Maklers befinden – ist dies aus Sicht der Juristen ein Vertrag zugunsten Dritter.
Problematischer wird es dann, bei der Zahlung von 10% auf den Kaufpreis bei Abschluss des privaten Kaufvertrages/Optionsvertrages.
Wie die Reservierungsgebühr sind auch diese 10% (abzüglich der Reservierungsgebühr) ein Teil des Kaufpreises und eigentlich an den Verkäufer zu überweisen. Hier wird oft gefragt, was denn passiert, wenn der Verkäufer einfach abschaltet und sich nicht mehr meldet. Dann bleibt natürlich nur noch die Möglichkeit über das Gericht, hier insbesondere eine einstweilige Verfügung, damit die Immobilie nicht mehr veräußert werden kann. Mit einem reibungslosen Kauf kann dann allerdings nicht mehr gerechnet werden, da die Gerichte oftmals Jahre brauchen, um Entscheidungen zu treffen. In der Praxis haben sich 3 verschiedene Möglichkeiten eingebürgert, diese 10% auf den Kaufpreis zu bezahlen:
- Die 10% werden vom Käufer auf das Konto des Käuferanwaltes überwiesen und der Anwalt unterzeichnet dem Verkäufer gegenüber eine Treuhandvereinbarung, dieses Geld erst am Tage der notariellen Beurkundung auszuzahlen.
- Der Betrag wird auf das Konto des Verkäuferanwaltes überwiesen mit der gleichen Verpflichtung diesen Betrag treuhänderisch bis zur Beurkundung auf seinem Konto zu behalten.
- Die 10% gehen auf das Verkäuferkonto. Dies ist eigentlich, das was normalerweise stattfinden sollte.
Am sichersten wäre für den Käufer natürlich die erste Lösung und für den Verkäufer die letztgenannte. Natürlich ist all dies Verhandlungssache.
Zusammenfassung:
Das übliche Verfahren hier, zumindest an der Costa del Sol, ist ein dreistufiges Verfahren. Reservierungsvertrag – privater Kaufvertrag/Optionsvertrag – Escritura (notarielle Beurkundung)
Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, zögern Sie nicht sich zu melden.
Gez. Wohlfahrt