Notarielle Erbschaftsannahme in Spanien
Jeder Erbfall ist im Idealfall zu Lebzeiten gründlich zu planen. Dazu gehören das Gespräch mit der Familie und dann die Verfassung eines entsprechenden Testamentes. Oftmals sind die Formulierungen im Testament, selbst wenn es notariell beurkundet wurde, unklar und auch die Fachsprache führt manchmal zu Missverständnissen und zu Streitigkeiten über die Auslegung des Inhalts des Testaments unter den Erben.
Daher muss der Erblasser, der Streit unter seinen Erben nach seinem Ableben vermeiden möchte, sich genau überlegen was er regelt und wie er es regelt. Wesentlich ist zunächst die Vorfrage, welches materielle Erbrecht zur Anwendung kommt. In unseren Fällen, bei deutschen Mandanten, stellt sich die Frage: gilt spanisches materielles Erbrecht oder gilt deutsches materielles Erbrecht, d.h. gelten die Regelungen des „Bürgerlichen Gesetzbuches“ oder der spanische „Código Civil“.
Hier hat sich aufgrund der seit August 2015 auf Todesfälle anwendbaren Europäischen Erbrechtsverordnung einiges geändert.
Eine weitere Frage ist dann, welches Verfahrensrecht zum Übergang der Erbschaft in das Eigentum der Erben anzuwenden ist. Da gilt in der Regel, zumindest für Vermögensgegenstände in Spanien, egal welches materielle Recht gewählt wurde, das spanische Verfahrensrecht.
Als dritter Punkt ist die Frage nach dem Erbschaftssteuerrecht zu stellen, und bereits in der Planung sollten der Erblasser und die Erben wissen, was an Erbschaftssteuerverpflichtungen in Deutschland und/oder in Spanien auf sie zukommt.
Unabhängig von diesen drei verschiedenen Themenbereichen muss natürlich genau überlegt werden, wer was erben soll und wie z.B. die Ehefrau versorgt werden soll. All dies zu besprechen ist nicht jedermanns Sache. Aus der Praxis kann allerdings gesagt werden, dass es in etlichen Fällen zu Streitigkeiten bzw. zu verschiedenen Ansichten über den Willen des Erblassers kommt. Deswegen halte ich sehr viel von einem persönlichen Brief an die Erben. Dieser persönliche Brief ersetzt nicht das Testament und legt es auch nicht aus. Er bestärkt lediglich den Willen der Erben sich an das zu erinnern, was vorab besprochen wurde. Wir haben gute Ergebnisse mit solchen, sagen wir einmal Erblasserwünschen erzielt. Hier kann der Erblasser erklären, warum er diese oder jene juristische Verfügung im Testament getroffen hat.
Manche hinterlassen sogar Videobotschaften.
Dies vorausgeschickt möchte ich nun zu den Besonderheiten der Übernahme der Erbschaft durch die Erben in Spanien kommen.
Die spanische Erbschaftsannahme
In Spanien wird die Erbschaft den Erben erst durch eine Erklärung vor einem spanischen Notar, der sogenannten Erbschaftsannahmeerklärung, zugeordnet. Nach deutschem materiellem Recht fällt die Erbschaft automatisch und zur Gesamtheit, das heisst „ipse jure“ an. Unabhängig davon, ob der Erbe in diesem Moment von der Erbschaft weiss oder nicht.
Dies ist ein grosser Unterschied.
In Spanien muss man sich also zum Notar begeben und mit einer Serie von Dokumenten sein Erbrecht hinsichtlich jedes einzelnen Vermögensgegenstandes nachweisen. Hier sei genannt:
- Die Sterbeurkunde im internationalen Format oder ins spanische übersetzt und mit Apostille versehen
- Der Titel der dem Erben das Erbrecht verschafft (deutsches oder spanisches Testament, deutscher übersetzter Erbvertrag mit Apostille versehen, deutsches Testament übersetzt mit Apostille versehen, deutsches übersetztes Ehegattentestament mit Apostille versehen oder ein deutscher Erbschein oder ein europäisches Nachlasszeugnis)
- Es muss beim zentralen Testamentsregister in Madrid nachgefragt werden, ob ein spanisches Testament überhaupt, oder wenn schon eines vorliegt, noch ein weiteres jüngeres Testament beurkundet wurde
- Es müsste auch im deutschen Testamentregister (wird bei der Bundesnotarkammer geführt) überprüft werden, ob dort ein jüngeres Testament vorliegt
- Gleiches ist in Madrid hinsichtlich eventueller Lebensversicherungen nachzufragen
- Alle Beteiligten bei der Erbschaftsannahme brauchen eine spanische Steuernummer (NIE Nummer). Auch wenn man die Erbschaft ausschlägt.
- Alle Beteiligten müssen bei der Erbschaftsannahme vor dem Notar persönlich anwesend sein oder sich durch Personen mit notarieller Vollmacht vertreten lassen. Falls es sich um ausländische Vollmachten handelt, so gilt wieder, dass diese ins Spanische übersetzt sein müssen und mit Apostille versehen sein müssen.
Dies alles ist oftmals recht kompliziert zu bewerkstelligen. Wenn es sich um mehrere Erben handelt, die in verschiedenen Ländern oder gar Kontinenten leben, so wird dies eine richtig schwierige Angelegenheit, insbesondere wenn in zwei verschiedenen Testamenten zwischen dem deutschen Vermögen und dem spanischen Vermögen unterschieden wird und noch verschiedene Auffassungen über das, was der Erblasser eigentlich wollte unter den Erben herrschen.
Erst mit der Erbschaftsannahmeerklärung können Bankkonten überschrieben werden, Immobilien im Grundbuch übertragen werden und Autos bei der Verkehrsbehörde umgemeldet werden. Man darf also keinen Erbschaftsgegenstand vergessen.
Weitere Besonderheiten auf die bei spanischen Erbschaftsannahmen zu achten ist.
Im Normal- und Idealfall hat der Erblasser ein spanisches Testament verfasst, welches als Erbnachweis für die Erben anlässlich dieser Beurkundung vorgelegt wird. Dort verfügt der deutsche Erblasser z.B. dass die Hälfte der Ferienwohnung in Marbella nach seinem Tode an seine Frau geht. Seine beiden Kinder bedenkt er nicht. Er hat dies deswegen nicht gemacht, da er ja auch ein deutsches Testament in Deutschland hat und dort seine Firma nicht an seine Frau, sondern direkt an seine beiden Kinder vererben möchte. Im spanischen Testament steht, dass der Erblasser verheiratet ist und zwei Kinder hat. Der Notar wird sich weigern eine Erbschaftsannahmeerklärung nur für die Frau zu beurkunden, wenn nicht beide Kinder auch anwesend sind, bzw. sich vertreten lassen und auf die Erbschaft verzichten.
In Spanien sind die Pflichtteilsberechtigten, juristisch gesehen Erben und müssen bei der Erbschaftsannahmeerklärung mitwirken. Im Gesetz steht, dass alle Erben an der Erbschaftsannahmeerklärung teilnehmen müssen. In Deutschland sind die Pflichtteilsberechtigten keine Erben, sondern haben lediglich einen zivilrechtlichen Übertragungsanspruch gegenüber dem oder den Erben. Wenn der spanische Notar dies wüsste und verstehen würde, würde er auf die Teilnahme dieser Pflichtteilsberechtigten verzichten. Unser Notar weiss dies, da wir ihm das deutsche Recht schon vor längerer Zeit nachgewiesen haben und nun verfahren wir in allen Fällen entsprechend. Die allermeisten spanischen Notare allerdings, werden aber darauf bestehen, dass die pflichtteilsberechtigten Kinder an der Erbschaftsannahmeerklärung teilnehmen. Da es oft über die Höhe von Pflichtteilsansprüchen zum Streit kommt, könnte die Übertragung des Eigentums in unserem Beispiel an die Ehefrau dadurch verhindert werden, dass die Kinder einfach nicht teilnehmen wollen.
Dieses Thema ist ebenfalls in die erbrechtliche Planung zu Lebzeiten mit einzubeziehen. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten der Klarstellung vorab.
Eine weitere, wesentliche Besonderheit bei der spanischen Erbschaftsannahmeerklärung ist, dass jeder Erbschaftsgegenstand der angenommen werden soll, genau beschrieben werden muss. Ist ein Oldtimer der irgendwo in der Garage steht und inzwischen einen hohen Wert hat vergessen worden, so muss die Erbschaftsannahmeerklärung hinsichtlich dieses Gegenstandes erneut vorgenommen werden. Auch das ist in Deutschland eleganter geregelt, da wir nach Quoten erben. Also überlegen Sie genau, was Sie bei der Erbschaftsannahmeerklärung mit einbeziehen müssen.
Das Thema Banken muss noch erwähnt werden:
Bei Bankkonten ist es so, dass in der Erbschaftsannahmeerklärung das genaue Konto und der Saldobetrag zum Todeszeitpunkt angegeben werden muss. Das heisst, man muss zunächst durch Vorlage der Sterbeurkunde und des Testamentes, bzw. des Erbtitels der Bank gegenüber nachweisen, dass man berechtigt ist den Kontostand abzufragen. Das kann dauern! Anschliessend erteilt die Bank in einem Zertifikat Auskunft über den Kontostand. Dieses Zertifikat muss dann bei der notariellen Erbschaftsannahmeerklärung vorgelegt werden. Auch hier kommt es oft zu Missverständnissen, bzw. Auslegungsfragen bei Und- bzw. Oderkonten bei Eheleuten. Auch nach Beurkundung der Erbschaftsannahme kann man nicht mit der notariellen Erbschaftsannahmeerklärung am Bankschalter die Übertragung des Kontos fordern. Die Erbschaftsannahmeerklärung muss bei der Bank eingereicht werden, dann wird sie zur Zentrale nach Madrid geschickt, dort wird noch einmal Alles geprüft und es kann Wochen dauern, bis nach der Erbschaftsannahme die Konten endgültig freigegeben sind.
Das Erbschaftsannahmeverfahren in Spanien muss gut durchdacht und geplant werden. Ich denke, dass all dies ohne professionelle Hilfe für Ausländer fast unmöglich geworden ist.
Wenn Sie mehr zu diesem Thema erfahren möchten, können Sie uns gern kontaktieren. Wir beraten Sie gerne.