Die Testamentsvollstreckung nach deutschem oder spanischem Recht in Spanien
Unsere Kanzlei ist auch auf die Abwicklung von Erbschaften in Spanien spezialisiert. Die Abwicklung einer Erbschaft in Spanien findet in der Regel über die Notariate, und nicht über Nachlassgerichte, wie in Deutschland, statt.
Die Annahme einer Erbschaft in Spanien ist wesentlich komplizierter und sehr anders als in Deutschland. Deswegen sollten Sie überlegen, ob Sie nicht einen Testamentsvollstrecker nach deutschem Recht für die Abwicklung Ihres Erbes in Spanien einsetzen wollen. Hierzu gibt es einiges zu beachten.
Die üblichen Fragen lauten:
- Warum macht es Sinn einen Testamentsvollstrecker einzusetzen?
- Gibt es in Spanien das Rechtsinstitut des Testamentsvollstreckers nicht? Wenn es einen gibt, warum soll dann ein deutscher Testamentsvollstrecker bestimmt werden?
- Was darf der spanische Testamentsvollstrecker und was darf der deutsche Testamentsvollstrecker (jeweils in seinem Land)?
- Wie kann ich einen deutschen Testamentsvollstrecker für Spanien einsetzen?
- Darf der deutsche Testamentsvollstrecker in Spanien tätig werden? Wenn ja, was darf er in Spanien veranlassen und was darf er nicht?
Zu 1.) Warum macht es Sinn einen Testamentsvollstrecker einzusetzen?
Der Erblasser möchte sicherstellen, dass sein letzter Wille, der sich klar in seinem Testament manifestieren sollte, auch ausgeführt wird. Er möchte natürlich auch, dass kein Erbstreit entsteht.
Oftmals wird dann ein Testamentsvollstrecker eingesetzt, ohne weiter über Details nachzudenken. Die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers muss nicht in allen Fällen sinnvoll sein. Oftmals nimmt der Erblasser dann einen Vertrauten. Es macht mehr Sinn, einen Fachmann einzusetzen, der entweder Anwalt oder Steuerberater ist, um seinen Amt auch gemäß den Vorschriften auszuführen. Nähe zur Familie ist meines Erachtens nicht unbedingt notwendig.
Der Testamentsvollstrecker hat nach dem deutschen Recht eine sehr starke Rechtsposition und haftet auch. Deswegen müsste sich ein Laie, der als Testamentsvollstrecker eingesetzt wird, in der Regel umfänglich rechtlich beraten und begleiten lassen. Dann kann man auch gleich einen Fachmann einsetzen.
Eine gelungene Testamentsvollstreckung ist eine Hilfe für die Erben. Eine Testamentsvollstreckung sollte deshalb in Form einer „Abwicklungsvollstreckung“ und nicht als „Dauervollstreckung“ (30 Jahre) angeordnet werden. Die Dauervollstreckung ist meines Erachtens eine lebenslange Entmündigung der Erben.
Zu 2.) Situation in Spanien nach dem spanischen Código Civil.
Das spanische Recht behandelt den Testamentsvollstrecker bei Weitem nicht so ausführlich wie das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) den Testamentsvollstrecker behandelt. Das spanische Recht kennt die Rechtsfigur des – albacea – und den contador/partidor.
Der spanische albacea ähnelt dem deutschen Testamentsvollstrecker, er hat aber wesentlich weniger Rechte. Daran sieht man, dass der spanische Código Civil ca. 300 Jahre alt ist, und sich auf die seinerzeit ausschließlich bäuerliche Gesellschaft bezog. Der Adel hatte eigene Regeln.
Die Aufgaben des deutschen Testamentsvollstreckers sind wesentlich umfänglicher. Aus diesem Grunde macht es Sinn, sich des deutschen Testamentsvollstreckers zu bedienen, und nicht des spanischen albacea.
Zu 3.) Was darf der spanische albacea und was darf der deutsche Testamentsvollstrecker (jeweils in seinem Land)?
Der spanische albacea muss das Begräbnis und die Totenmesse organisieren und bezahlen. Er muss eventuell vorhandenes, bewegliches Vermögen verteilen, wie z.B. Bargeld, und Vermächtnisse erfüllen. Seine Amtszeit beträgt, wenn überhaupt, nur bis zu einem Jahr.
In der täglichen Rechtswirklichkeit in Spanien spielt der albacea kaum eine Rolle mehr. Der deutsche Testamentsvollstrecker hingegen hat sehr weitreichende Aufgaben:
– in Besitznahme des Nachlasses nebst Errichtung eines Nachlassverzeichnisses
– Verteilung des Nachlasses inklusive Übertragung von Immobilien und Vermögenswerten.
– Eintreibung von Schulden
– Prozessführung
Der deutsche Testamentsvollstrecker ist nicht an die Anweisungen der Erben gebunden. Aber entsprechend hat er auch erhöhte Pflichten. Er muss zum Beispiel veranlassen, dass die Erbschaftsteuer erklärt und bezahlt wird. Er haftet also auch persönlich. Der deutsche Testamentsvollstrecker braucht ein Testamentsvollstreckerzeugnis, welches er beim deutschen Nachlassgericht beantragen kann.
Zu 4.) Wie setzt man nun einen Testamentsvollstrecker nach deutschem Recht für den Erbfall in Spanien ein?
Zunächst einmal muss man in Spanien ein spanisches, notarielles Testament nach den hiesigen Gepflogenheiten vor einem Notar beurkunden. Nach der europäischen Erbrechtsverordnung, die für Todesfälle ab August 2015 anzuwenden ist, kann das jeweilige Heimatrechtssystem gewählt werden. Dies ist zunächst Voraussetzung dafür, dass die deutschen Regeln der Testamentsvollstreckung anwendbar sind. Im gleichen Testament muss dann ein Testamentsvollstrecker benannt werden, eventuell unter genauer Beschreibung seiner Aufgaben. Mit diesem Testament beantragt man das vorher schon erwähnte Testamentsvollstreckerzeugnis. Das deutsche Nachlassgericht wird dieses Testamentsvollstreckerzeugnis auf Deutsch ausstellen. Es muss dann ins Spanische übersetzt und mit Apostille versehen werden.
Rein rechtlich gesehen kann der Testamentsvollstrecker dann mit diesem Testamentsvollstreckerzeugnis in Spanien tätig werden, mit den gleichen Befugnissen, die er in Deutschland hätte.
Dies ist einmal wieder die schöne Theorie.
Was glauben Sie, was passiert, wenn Sie in einem spanischen Notariat auftauchen, um eine Immobilie zu übertragen und ein Testamentsvollstreckerzeugnis vorlegen? Sie werden höchstwahrscheinlich wieder weggeschickt, da dieses Instrument in dieser Form in Spanien unbekannt ist.
Aus diesem Grunde sollten Sie mit dem Testamentsvollstreckerzeugnis ein Rechtsgutachtens eines deutschen Notars bzw. eines Anwaltes, wiederum ins Spanische übersetzt und mit Apostille vorlegen können, welches genau erklärt, was der deutsche Testamentsvollstrecker darf und kann.
Es kommt also mit Sicherheit zu Zweifeln an der Befugnis des Testamentsvollstreckers nach deutschem Recht. In diesen Fällen muss man sich eben durchsetzen. Sie werden jetzt sagen, das ist aber alles ziemlich kompliziert. Es hört sich kompliziert an, ist aber nicht kompliziert, wenn man den Erbfall noch zu Lebzeiten gründlichst plant. Das kann ich nur jedem Erblasser dringend empfehlen. Ob ein Testamentsvollstrecker im Einzelfall notwendig ist, kann in einem Rechtsgespräch zwischen dem Erblasser und seinen Beratern erörtert werden.
Gez. Wohlfahrt
Lassen Sie sich also beraten, wenn Sie meinen Sie benötigen einen Testamentsvollstrecker. In der überwiegenden Zahl der Fälle ist dies wohl nicht notwendig.
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