Das Auseinanderfallen von erb- und familienrechtlichen Regelungen bei Versterben in Spanien
Ich möchte in der folgenden, kurzen Information ein Thema ansprechen, welches den allermeisten in Andalusien lebenden Deutschen sicherlich unbekannt ist.
Anhand eines konkreten Falles lässt sich die Problematik besser erklären. Ein deutsches Ehepaar lebt auf einer Finca in Andalusien. Beide versteuern ihre Rente in Spanien und sind damit unbeschränkt steuerpflichtig. Der Ehemann verstirbt ohne Testament in Spanien. Welches materielle Erbrecht gilt? Das heißt, welches Gesetz gibt Aufschluss darüber, wer erbt (BGB oder Código Civil español) und in welchem Land kann ein Erbschein beantragt werden? Und wie verhält es sich mit der Auflösung des Güterstandes? In Spanien gibt es die Gütergemeinschaft („gananciales“) und in Deutschland die Zugewinngemeinschaft (wenn nichts anderes vereinbart wurde).
1. Welches Erbrecht kommt zur Anwendung?
Es gilt der spanische Código Civil, da der Verstorbene ganzjährig in Spanien wohnt (gewöhnlicher Aufenthalt) und in Spanien Steuerbürger ist. Früher galt das Erbrecht des Staates, dessen Staatsbürger der Verstorbene im Todeszeitpunkt war.
Für Erbfälle ab 17.8.2015 hat sich das Erbrecht gemäß der Europäischen Erbrechtsverordnung dahingehend geändert, dass nun das Recht des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ gilt, also in unserem Falle das spanische Recht.
Nehmen wir an, das Ehepaar hat ein Kind, so würde es zu 100% erben, die Ehefrau bekäme nur den Nießbrauch.
Würde deutsches Recht gelten (vor dem 17.8.2015 oder durch Rechtswahl in einem Testament), so wären beide (Sohn und Ehefrau) zu 50% Erben geworden.
2. Welches Recht kommt bei der Auflösung des Güterstandes zur Anwendung?
In Art.1 (Anwendungsbereich) der EuErbVo unter Abs.2 d) ist geregelt, dass Fragen des ehelichen Güterrechts nicht unter den Anwendungsbereich der EuErbVo fallen. Das heißt, hierfür gilt deutsches Recht, das heißt, die Regeln des BGB gelten.
Im Ergebnis haben wir es mit einem Auseinanderfallen von Erb- und Familienrecht zu tun.
Das bringt natürlich eine Vielzahl von Unklarheiten mit sich. Ich erwähne nur eines der vielen Probleme, die das Auseinanderfallen in zwei Rechtssysteme mit sich bringt.
Im deutschen Recht gibt es für den Ausgleich des Zugewinns im Todesfall den §1371 BGB der besagt, dass der Zugewinn im Todesfall pauschal mit ¼ Erhöhung des Erbteils abgegolten wird. Dann müsste aber der spanische Erbschein gemäß den Regeln des deutschen Güterrechts angepasst bzw. geändert werden. Es wäre dann nicht der Sohn zu 100% Erbe, sondern zu 75%, und die Witwe hätte 25% am Erbe gemäß §1371 BGB. Aber wie „kommt“ das deutsche ¼ in den spanischen Erbschein? Ein kompliziertes Thema.
Nach spanischem Recht wiederum würde der Güterstand aufgelöst und berechnet werden.
Das Thema könnte über viele Seiten behandelt werden. Ich habe es für meine Mandanten nur sehr kurz zusammengefasst, damit sie überlegen können, ob Beratungsbedarf besteht. Dieses Thema vor dem Sterbefall zu erkennen und zu behandeln, z.B. durch das Verfassen eines notariellen, spanischen Testamentes, kann nur dringend empfohlen werden.
Gez. Wohlfahrt
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